Notiz aus meinem Alltag von 1998

Ich habe gerade den folgenden Text wiedergefunden – und per Zufall im Internet auch noch ein Bild von mir, das wohl so ungefähr aus dieser Zeit datiert (auf der Home Page einer Band, in der ich seinerzeit mal eine Zeitlang mitgewirkt hatte).
Ich spreche im Text u. a. von einer der zahllosen Jam Sessions in der Mannheimer „Feuerwache“ und meiner jüngeren Tochter Laura, die zu der Zeit knapp 2 Jahre alt war.

Johannes Schaedlich, ca. Mitte d. 1990er Jahre“ Montag, 19.01.1998 –
Schnell noch duschen. Wir sollen ab neun Uhr spielen, es ist Viertel nach acht. Laura liegt schon im Bettchen; will, daß ich noch mal reinkomme und das komische Händchenschüttelspiel mache, das sich vor vierzehn Tagen so ergeben hat. Das gab dann eine kurze Version und ihr Rufen geht auch schon in Heulen über, das wiederum sofort in Lachen übergeht, als ich doch noch mal ins Zimmer komme. Ich kann mich davon so schwer losreißen, daß ich Lust verspüre, zu spät zur Jam-Session zu kommen – wie unprofessionell. Nach einer weiteren Kurzversion läuft schnell Wasser und Seife an mir ab und ich bin immer noch einigermaßen o.k. in der Zeit, als ich mich – Baß und alles hinten drin im Auto – in den ausgeleierten Fahrersitz fallen lasse.
Ich ärgere mich, daß ich die Zigaretten vergessen habe und darüber, daß mir das was ausmacht. Zur ausgleichenden Beschäftigung rufe ich Michael S. zurück, der mir einen irgendwie konfusen Anruf auf der Mailbox hinterlassen hat. Er will noch kommen, weiß aber noch nicht – „… ich bin noch bei der Andrea eingeladen …“ – wie ich diesen Sprachgebrauch doch noch kenne und diese Scheu, eine Beziehung, die ohnehin längst eine „feste“ ist, fest sein zu lassen – und es dann meist weder zu bemerken noch etwa gegenzusteuern, wenn es „allzu fest“ wird…
Dr. R. (mein Schlafmediziner; aber das ist natürlich eine andere Story) hat sich angesagt. Er habe sich diesen Termin schon vor Wochen notiert und es scheint eine ziemliche Zeitlang her zu sein, daß er sich mal ein Stück Privatleben genehmigt hat. Peter N. ist natürlich auch wieder da und photographiert; die zwei Meckifrisuren sitzen nebeneinander und sehen bald wie Brüder aus. Dr. R. ist ganz goldig und begeistert; erzählt, daß er mit achtzehn vorm Studium im Jazzclub in Hannover herumgehangen ist und bestellt am Schluß bei Christian E. „Girl from Ipanema“ und bei Babs eine Flasche „Wachenheim Grün“ mit -zig Gläsern für alle. Als er mir erzählen will, daß Sam (genannt „One-Note-Sam“) ja nun auch echt total klasse sei, der allerdings gerade eben auf seiner Querpfeife einen seiner wie üblich beschissenen Chorusse über „You Don’t Know What Love Is“ losgelassen hat und von David H. (dem heutigen Session-Leiter) daran gehindert werden mußte, noch einen weiteren zu spielen, kann ich mich nicht überwinden, diplomatisch zu sein und zum Beispiel nur „jaja“ oder sowas zu sagen und merke im gleichen Augenblick, daß das natürlich mal wieder gar nichts bringt.
Thomas Z. kam mit diesem blauschillernden 63-ger Slingerland-Schlagzeug und spielt richtig gut, klingt super. Ich denke zwischendurch, daß es doch verdammt schade ist, daß wir seit fünfzehn Jahren immer nur sporadisch zusammenarbeiten (können). Denselben  Gedanken hatte ich gestern auch bei der Jam-Session im Heidelberger Cave mit Earl H.: mal hier, mal da. Was für ein zielloses Herumgespiele ist das eigentlich? Kann das so überhaupt irgendwo hinführen? Zu wenig Tiefgang, zu wenig richtige, ernsthafte musikalische Arbeit. Klar, es gehört natürlich zu meinem Dasein als Bassist und ich stehe in der Tat sehr darauf, als Sideman an Projekten mitzuwirken, also die Programme anderer Leute (mit) zu bearbeiten. Nichtsdestoweniger gibt´s da zur Zeit ein bißchen sehr viel  „auf die Schnelle und das war´s dann erstmal“ – auf unbestimmte Zeit. Da kommt so eine Band ungefähr zwischen null und ein paarmal pro Jahr zusammen und so ist das eigentlich gar keine Band, die Musik und alles bleibt im Rohbau. Und dabei ständige Hektik, hab keine Zeit für nix, auch nicht für ein eventuelles eigenes Projekt. Da ist der Wunsch, mich auf weniger Projekte konzentrieren zu können und die gleichzeitige Gewißheit, froh sein zu müssen, daß überhaupt ein paar Termine vorbeigeflogen kommen, die mich und die Familie halbwegs ernähren.
Und jetzt ist es schon wieder spät, Zwanzig vor drei… „

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