Hier geht es um einen Aufruf der UDJ vom Dezember 2011 (u. W. = und Weiteres), der auf der Home Page der UDJ (Union Deutscher Jazzmusiker) allerdings nur beschrieben wird:
„… In dem Aufruf werden zahlreiche Forderungen formuliert, die sich um die Themen Soziale Grundsicherung, Spielstätten, Exportförderung oder Präsenz in Bildungseinrichtungen und Medien drehen. …“
Die Problematik ist freilich von wachsender Dringlichkeit und Aktualität. Es wird auf der Home Page allerdings nirgendwo berichtet, wie die Geschichte weiterging. Auch anderweitige Details werden nicht mitgeteilt – etwa, wie viele Unterzeichner sich gefunden hatten, an wen er eigentlich adressiert war und so weiter. Daß sich der Aufruf vielleicht mittlerweile unter dem Menüpunkt „Ziele“ wiederfindet und daß man sich den Unterzeichnern anschließen kann, indem man den Mitgliedsantrag der UDJ unterzeichnet (€ 50.- Jahresgebühr), bleibt damit den Schlußfolgerungen des Lesers überlassen.
Immerhin ist man sich der Problematik in der UDJ bewußt, kämpft aber, wie ich meine, auf ungefähr ebenso verlorenem Posten, wie es sich beim seit Jahrzehnten andauernden, völlig fruchtlosen Aufbegehren gegen gewisse Gema-Richtlinien darstellt – damit meine ich insbesondere diese und jene Versuche, etwas gegen die finanzielle Benachteiligung durch die grundsätzliche Einstufung von Jazz-Kompositionen als „U-Musik“ auszurichten, mit denen die UDJ auch zum Zeitpunkt meines Eintritts (1979) bereits beschäftigt war.
Ein aktueller Bericht über diesen Aufruf erschien u. a. im „Mannheimer Morgen“ (unter der Überschrift „Jazzer gegen Billig-Gagen“ und mit speziell sehenswertem Photo) – der Artikel ist derzeit noch immer online ->Link.
Zu meiner persönlichen Geschichte im Zusammenhang mit der UDJ habe ich noch eine Schnurre auf Lager: zu meinen frühesten Anfängen als Jazz-Kontrabassist gehörte ein eifriges Mitwirken in der „Jazz-AG“ der pädagogischen Hochschule in Braunschweig (meinem Wohnort von 1976 bis ´79). Hier begegnete ich als einem der Lehrkräfte dem in der Gegend ansässigen Pianisten Otto Wolters, der zu der Zeit überdies Vorsitzender der UDJ war. Natürlich schrieben wir Mitglieder der Jazz-AG uns eilfertig ebenso als Mitglieder der UDJ ein. Das hatte außer einem Jahresbeitrag von, ich glaube, DM 30.- rein garnichts weiter zur Folge – bis auf Weiteres.
Den Beitrag hatte ich wohl zum ersten Jahr entrichtet, in den darauffolgenden Jahren aber vergessen oder verdrängt, denn mein Budget war in diesen Zeiten äußerst knapp bemessen. Als ich 1980 nach einem halbjährigen Aufenthalt in Heidelberg weiter nach Karlsruhe umsiedelte, glaubte ich wohl, gewissen Gläubigern gegenüber meine Spuren hinreichend verwischt zu haben. Dem war aber nicht so. Otto Wolters und sein Gremium hatte beschlossen, zur Eintreibung der zahlreichen rückständigen UDJ-Mitgliedsbeiträge eine Reihe von Exempeln zu statuieren – wie er mir später erläuterte. Diese Auswahl mußte anscheinend auch mich treffen; wahrscheinlich war es ja nur ein blöder Zufall. Irgendwelche diesbezügliche Post hatte ich wahrscheinlich immer konsequent weggeschmissen und war auf dem seinerzeitigen Stand dieses Verfahrens nun bereits DM 60.- schuldig.
Eines Morgens im Jahr 1982 fand ich mich noch ziemlich verschlafenerweise plötzlich mit einem ausgesprochen temperamentvollen Gerichtsvollzieher konfrontiert, der mitten in mein Dachzimmer geplatzt war – mein WG-Mitbewohner hatte ihn doch tatsächlich hereingelassen. Dieser eifrige Amtmann, ein rechter Wadenbeißer, ließ sich nun überhaupt nicht abschütteln und behauptete, er müsse jetzt einen Gegenstand aus meiner dürftigen Habe pfänden; dazu müsse er ein „Pfandsiegel“ darauf anbringen (s. Modellabbildung links – vergrößern durch Anklicken); den Aufkleber also, der im Volksmund bis heute „Kuckuck“ genannt wird, weil er ganz früher einmal als angemessene Illustration einen Wappenadler trug. Der Vollzieher sah sich also angestrengt in meinem äußerst karg eingerichteten Zimmer um; ich hatte in meinem Inventar außer Matratzen auf dem Boden, einem bescheidenen Bücherregal, einem Kassettendeck (mit Gleichlaufstörungen) nur einen mittelprächtigen Kontrabaß sowie einen E-Bass (ein recht lausiger Höfner Jazzbass-Nachbau). Man konnte dem Amtmann förmlich ansehen, daß er nichts Pfändungsgeeignetes finden konnte, dennoch um keinen Preis gewillt war, den Schauplatz verlassen, ohne seine Siegelmarke irgendwo appliziert zu haben. Er wußte sicherlich, daß er einem Musikstudenten keine Instrumente wegpfänden dürfe, aber er konnte es einfach nicht lassen und klebte einen – wie ich erst viel später bemerkte: allerdings unbeschrifteten und somit wohl in der Akte nicht verzeichneten – Kuckuck auf den besagten E-Bass (s. Bild – vergrößern durch Anklicken). Da klebt er nun bis heute (später mit einer Klarsichtfolie notdürftig gegen weiteren Verfall geschützt). Dieses Pfandsiegel scheint übrigens an sich eine Rarität zu sein – ich habe das extra im Internet recherchiert – denn wie die seltene Beschriftung zeigt, hatte ich es sogar mit einem Ober-Gerichtsvollzieher zu tun. Ich finde, das kann notfalls wohl seine verbissene Entschiedenheit erklären, kaum jedoch die dergestalt reichlich übertriebene Wichtigkeit dieser notorischen UDJ-Sache.
Natürlich habe ich die DM 60.- dann bezahlt und mit gleicher Post meine Austrittserklärung an den UDJ-Vorsitzenden abgeschickt. In meinem Begleitschreiben habe ich mich selbstverständlich darüber beschwert , daß er so weit gegangen war, mir den Gerichtsvollzieher auf den Hals zu schicken, obwohl wir uns ja doch ein wenig kannten und er gut hatte wissen können, was für ein armer Schlucker ich war – sodaß es also nun eben beinahe zu der absurden Geschichte gekommen wäre: einem Jazzmusiker wird zur Begleichung rückständiger Mitgliedsbeiträge für seine Gewerkschaft ein Instrument gepfändet. Wieviel damals dann nun letzten Endes noch dazu gefehlt hatte, ist ja wohl ziemlich wurscht…
Wolters antwortete sogar noch mit einem „ich-konnte-ja-nicht-anders“-Brief, aber ich ließ mich bis heute nicht umstimmen und werde zeit meines Lebens ganz sicherlich keine neue Mitgliedschaft in Erwägung ziehen – in heutiger Betrachtung der Dinge natürlich weniger wegen dieser alten Geschichte als vielmehr aus dem Grund, daß ich die UDJ auch in der neueren Zeit weit eher für einen fruchtlosen Klüngelverein halte, als für eine kompetente Jazzmusiker-Gewerkschaft, als die sie sich allerdings versteht und als solche in diesen Zeiten von z. B. Dumping-Gagen-Politik infolge der immer stärker überlaufenen Szene etc. auch bitter notwendig wäre.